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Universität Hannover
Institut für Erziehungswissenschaften
Seminar:  Gruppenprozesse und pädagogische Arbeit mit Gruppen
Dozent: Hans-Eberhard Modick
Referent: Felix Tietje

Einführung in die
Themenzentrierte Interaktion
(TZI)

Inhaltsübersicht

I: Grundlagen der TZI

   
I.1  Einführung
    
I.2  Axiome der TZI
    
I.3  Postulate der TZI
     I.4  TZI-Hilfsregeln

II: Entwicklungsphasen von TZI – Gruppen
     Diagnose und Leitungsinterventionen
 
     II.1   Zur Rolle und Funktion der Leitung
    
II.2   Entwicklungsphasen einer Gruppe

     
II.2.1   Phase 1:  Orientierung und Abhängigkeit
     
II.2.2   Phase 2:  Kampf und Flucht
     
II.2.3   Phase 3:  Autonomie und Interdependenz
     
II.2.4   Phase 4:  Vertrauen und Intimität
     
II.2.5   Phase 5:  Ablösung und Trennung

III: Literaturverzeichnis

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I: Grundlagen der TZI

I.1  Einführung

Die Themenzentrierte Interaktion ist ein pädagogisches Konzept zur Leitung von Gruppenprozessen.  Die TZI stellt eigentlich nicht "Neues" dar, denn sie basiert auf uraltem Wissen von Menschen über Menschen. Nur: durch die Methodisierung ist dieses Wissen lern- und lehrbar geworden. Der Ansatz (die Philosophie) der TZI ist damit eine wertvolle Alternative zu, bzw. eine enorme Erweiterung von herkömmlichen Vorstellungen und Menschenbildern in der Pädagogik. Die Wirkungsweise des TZI-Konzepts ist nur aus Texten, also rein theoretisch nur schwer nachvollziehbar. Wer sich von den folgenden Gedanken jedoch angesprochen fühlt, dem empfehle ich, einmal ein Seminar mitzumachen, das auf TZI basiert. Erst, wenn man in dem Prozess drin ist, kann man TZI wirklich verstehen. Deshalb kann und will dieser Text auch nur eine kleine Einführung in das Denken der TZI sein.

Die Themenzentrierte Interaktion will lebendiges Lernen möglich machen.

Die Entwicklerin des ursprünglichen TZI-Konzepts war die Psychoanalytikerin Ruth C. Cohn. Der Anstoß für die Entwicklung der TZI war die Überlegung, wie sie persönlichkeitsstärkende Faktoren, die sie in ihrer therapeutischen Arbeit als Psychologin erkundet hatte, für das Lernen und Arbeiten in Gruppen und im alltäglichen Leben nutzen könnte. TZI entstand aus dem Bewusstsein, dass es notwendig ist, Individualität und Gemeinschaftlichkeit dem Werte nach als ebenbürtig zu sehen. Das heißt: die Begriffe "individuell" und "gemeinschaftlich" werden nicht als Gegensätze gesehen, sondern als Komplementärerscheinungen, von denen das eine nicht ohne das andere denkbar wäre, die untrennbar miteinander verwoben sind. Individualität kann nur entstehen, wenn eine Gemeinschaft (z.B., eine Familie) da ist, aus der ein Mensch seine Individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten erlernt. Und Gemeinschaft kann nur existieren, wenn unterschiedliche Menschen zusammenarbeiten und sich gegenseitig ergänzen.

Das Besondere der TZI ist, dass sie nicht den Charakter des Frontalunterrichtens hat, sondern die Gruppen- und Lernprozesse sollen teilnehmerorientiert und interaktionell verlaufen. Es ist ein ganzheitlicher Ansatz, in dem thematisch-sachbezogenes Arbeiten mit menschenwürdigen Umgangsformen in der Kommunikation und Interaktion verbunden wird. In dieser Form der Gruppenarbeit spielen also Inhalt und Beziehung, die Sach- und die Beziehungsebene in jeder Phase des Prozesses eine Rolle.

TZI versucht also, den rein sachbezogenen Lernprozess des Frontalunterrichtens durch Inbezugnahme der einzelnen Personen, ihrer Verbindungen und ihres Umfeldes zu einem ganzheitlichen Prozess zu gestalten.

Um diese Ganzheit des Lern- oder Arbeitsprozesses anschaulich zu machen, gibt es für das TZI-Modell ein Symbol, das Dreieck in der Kugel:

TZI

Eine Gruppe wird hier also in vier Dimensionen betrachtet, diese vier Faktoren bestimmen jeden Gruppenprozess:

  • ICH : Fähigkeiten, Verhalten und Persönlichkeit eines Gruppenmitglieds
  • WIR : Interaktion, Kommunikation, Kultur und Dynamik der Gruppe
  • THEMA :  Anliegen, Auftrag, Sache, Ziele der Arbeit
  • GLOBE : Umfeld in
        • -sozialer
          -ökologischer
          -ökonomischer
          -technischer
          -räumlicher
          -zeitlicher
          -...?
                        Hinsicht.

Dieses Dreieck symbolisiert sowohl den ethischen Hintergrund, als auch die Methodik von TZI-Prozessen. TZI beruht auf der Hypothese, dass jede Person (ICH), die Interaktion der Gruppe (WIR) und die Arbeit an einer Aufgabe (THEMA, ES) als gleichwertig angesehen werden sollen und der gegenseitige Einfluss von Gruppe und Umfeld beachtet werden muss. Die drei Pole des Dreiecks stehen also in ständiger Beziehung zueinander und auch in Beziehung zum Umfeld des Gruppenprozesses, dem sogenannten GLOBE. Sie sind interdependent, sie existieren in gegenseitiger Abhängigkeit.

Im Konzept der Themenzentrierten Interaktion wird davon ausgegangen, dass Lernen und Arbeiten in Gruppen dann für alle Gruppenmitglieder am effektivsten ist, wenn sich die Pole des Ich-Wir-Themen-Dreiecks in einem Gleichgewicht befinden. Nur dann ist lebendiges Lernen möglich. Es ist die Aufgabe der Gruppenleitung, diese Balance zu wahren. Dazu muss das Dreieck in der Kugel immer wieder neu reflektiert werden und darauf geachtet werden, dass der Gruppenprozess immer wieder ins Gleichgewicht aller Pole zurückgeführt wird.

Dieses Gleichgewicht stellt sich als eine dynamische Balance dar. Dynamisch heißt, dass ein ausgewogener Zustand immer nur vorübergehend erreicht wird und immer wieder neu angestrebt werden muss.

Am Anfang eines TZI-Seminars führen die vier Dimensionen zum Beispiel zu folgenden Fragen :

  • ICH : Was bringe ich mit, was für das Gelingen förderlich sein kann? Was trage ich bei?
  • WIR : Wann und wodurch wird miteinander lernen für mich / uns förderlich? Wann macht es Spaß?
  • THEMA : Was sind meine Anliegen? Was sind eigene und gemeinsame (Lern-) Ziele?
  • GLOBE : Was sind hinderliche / förderliche Rahmenbedingungen, die uns beeinflussen?

 

Durch diese ganzheitliche Herangehensweise, die durch das Dreieck in der Kugel symbolisiert wird, bekommt ein TZI-Gruppenprozess – sofern es gelingt, die dynamische Balance zu halten – u.a. folgende Eigenschaften:

  • Den Teilnehmenden wird gemeinsam klar, an was sie mit welcher Zielsetzung arbeiten. Es gibt immer ein gemeinsames Thema, Anliegen. Es kann ein starkes Wir-Gefühl entstehen, das die Zusammenarbeit fördert.
     
  • Der Gruppenprozess unterliegt der Verantwortung aller Personen in der Gruppe.
     
  • Die Teilnehmenden können ihre persönlichen Energien freisetzen und einbringen. So kann die einzelne Person sich selbst im Gruppenprozess wiederfinden. Eigene Wünsche und Vorstellungen können leichter eingebracht werden.
     
  • Emotionale Bezüge und bisherige Erfahrungen des Einzelnen oder der Gruppe gehen in die Diskussion und die Ausgestaltung der Lösung mit ein. Dies führt zu einer stärkeren Akzeptanz und einem engagierteren Mitttragen der Gruppenarbeit und der Arbeitsziele.
     
  • Die Interaktion untereinander ist auch Gegenstand des Lernens und der Reflexion. (Ganzheitlichkeit)
     
  • Die relevanten Bedürfnisse des Umfelds (GLOBE) werden berücksichtigt und das Ergebnis der Arbeit kann wesentlich leichter in ihr umgesetzt werden.
     
  • Es können persönliche Grenzen und Grenzen in der Gruppendynamik bewusst werden. Durch Erkennen dieser Grenzen kann zum einen der Spielraum der Möglichkeiten voll ausgenutzt werden, zum anderen können die Grenzen evtl. erweitert oder überwunden werden.

 

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I.2  Axiome der TZI

Um eine kommunizierbare Grundlage für die fundamentale Sinn- und Wertorientierung aller Arbeitsprozesse zu schaffen, hat Ruth C. Cohn die drei Axiome der Themenzentrierten Interaktion formuliert. Sie bilden das Fundament der TZI-Arbeit. Die drei Axiome sind untrennbar miteinander verbunden:

 

1. Das erste Axiom ("existenziell-anthropologisches Axiom") :

    Menschen haben physische, emotionale, intellektuelle und spirituelle Bedürfnisse, Erfahrungen und Antriebe. Der Mensch ist sowohl eine psycho-biologische Einheit als auch ein Teil des Universums. Er ist darum gleicherweise autonom und interdependent. Die Autonomie des Einzelnen ist um so größer, je mehr er sich seiner Interdependenz mit allen und allem bewusst wird.

    Anders formuliert: Ich gewinne an Autonomie, je mehr ich die Welt bewusst in mich einlasse und mir über ihre Zusammenhänge im Klaren bin. Wenn ich mir die reale Situation, einschließlich der Fähigkeiten, Probleme, Konflikte und Abhängigkeiten der Teilnehmer einer Gruppe bewusst mache, habe ich mehr Möglichkeiten, mich und meine Werte und Ziele realistisch zu vertreten, als wenn ich unbekümmert draufloshandle. Es geht also darum, ein möglichst realitätsangemessenes Bild von dem situativen Feld und von den Charakteren und Beziehungen der Menschen in der Gruppe zu entwerfen.

 

2. Das zweite Axiom ("philosophisch-ethisches Axiom") :

    Ehrfurcht gebührt allem Lebendigen und seinem Wachstum. Respekt vor dem Wachstum bedingt bewertende Entscheidungen. Das Humane ist wertvoll, Inhumanes ist wertbedrohend. Bewusstsein unserer universellen Interdependenz ist die Grundlage humaner Verantwortung.

    Human zu sein bedeutet zum Beispiel, keine Lebewesen zu quälen oder zu töten. Alles Inhumane ist lebensbedrohend, wobei sich diese Bedrohung auch auf das Vernachlässigen, Unterdrücken oder Abtöten von seelischen, geistigen und zwischenmenschlichen Fähigkeiten bezieht. Der Respekt vor allen Äußerungen des Lebens ist die Grundlage für alles Wachstum und so auch für das Lernen und miteinander arbeiten.

 

3. Das dritte Axiom ("pragmatisch-politisches Axiom") :

    Freie Entscheidung geschieht innerhalb bedingender innerer und äußerer Grenzen. Erweiterung dieser Grenzen ist möglich. Freiheit im Entscheiden ist größer, wenn wir gesund, intelligent, materiell gesichert und geistig gereift sind, als wenn wir krank, beschränkt oder arm sind oder unter Gewalt und mangelnder Reife leiden.

    Dieses Axiom weist auf die Verzahnung des Innen und Außen hin. Es sind hier die grundlegenden demokratisch-politischen Aspekte des TZI-Systems formuliert, die das erste und zweite Axiom ergänzen. In jeder existentiellen, konkreten und aktuellen Situation sind diese inneren und äußeren Grenzen wirksam, entscheidend ist, dass sie veränderbar sind.

 

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I.3  Postulate der TZI

Aus diesen drei Axiomen ergeben sich die existentiellen Postulate der TZI. Diese Forderungen sprechen aus, wie die Axiome im persönlichen Leben und im Gruppenleben verwirklicht werden sollen. Sie sind die methodischen Grundregeln der Interaktion in einer TZI-Gruppe. Sie werden ergänzt durch Kommunikations- und Hilfsregeln, auf die ich im folgenden Abschnitt noch im Detail eingehen werde.

 

1. Das erste Postulat lautet:   Sei deine eigene Leitperson!

    Dies bedeutet:

  • sei dir deiner inneren Gegebenheiten und deines Umfelds in jedem Augenblick bewusst
  • nimm jede Situation als Angebot für deine Entscheidungen
  • nimm und gib, wie du es verantwortlich für dich selbst und andere willst

 

Dieses Postulat fordert dazu auf

  • im ständigen Wechselspiel nach innen und nach außen zu sehen. Nach innen, um sich selbst bewusst wahrzunehmen, die eigenen Ideen, Gedanken, Phantasien, Wünsche und Gefühle zu akzeptieren und wichtig zu nehmen. Nach außen um die Mitmenschen und die gemeinsame Aufgabe, das Thema im Blick zu haben. Dieses zweifache Hinschauen – nach innen und außen – verhindert Egoismus, der den anderen vergisst, oder eine Helferhaltung, die sich selbst vergisst.
  • immer auf dem Lernweg zu sein, also mit dem Geiste eines Anfängers zu arbeiten und die Bereitschaft zu haben, sich zu ändern
  • volle Selbstverantwortung für die eigenen Gedanken, Gefühle, Entscheidungen und Handlungen zu übernehmen. Dies beinhaltet auch die Feststellung, dass der Mensch sich immer entscheiden muss. In jedem Augenblick treffen wir Entscheidungen. Und am besten ist es, wenn wir dies bewusst tun.

 

2. Das zweite Postulat lautet:   Störungen haben Vorrang!

    Beziehungsweise "Störungen nehmen sich Vorrang, sie fragen nicht nach Erlaubnis". Denn wenn Störfaktoren nicht gelöst werden, wird der Gruppenprozess und das persönliche Wachstum verhindert oder erschwert.

    Störungen können z.B. sein Lärm, Schmerz, Freude, Angst, Zerstreutheit persönliche emotionale Betroffenheit oder unausgesprochene Interessen, Abneigung und Widerstände.

    Dieses Postulat hängt mit dem ersten Postulat eng zusammen. Es fordert dazu auf, sich die Zeit zu nehmen, bewusst zu spüren wie die aktuelle Situation sich darstellt. Die eigenen und die Emotionen oder Störungen der Gruppenmitglieder sollen akzeptiert und ernst genommen, zur Sprache gebracht, thematisiert und gemeinsam gelöst werden, anstatt sie beiseite zu schieben, damit ihre Energie nicht unterschwellig unerwartete Auswirkungen hat.

    Störungen und Betroffenheiten in der Gruppe die nicht thematisiert werden, schwächen unterschwellig die Konzentration auf das eigentliche Vorhaben und binden Energie, die dann der Arbeit fehlt. Sie können den einzelnen versteinern und die Gruppe unterminieren; die Leute sitzen dann zwar da in körperlicher Gegenwart, aber in geistiger Abwesenheit. Bleiben Störungen unausgesprochen und unterdrückt, bestimmen sie die Vorgänge in der Gruppe. Entscheidungen entstehen dann beispielsweise nicht auf der Basis realistischer Überlegungen sondern unterliegen den Emotionen aus der Störung. So werden die Persönlichkeitsentwicklung, der Gruppenzusammenhang und der Arbeitsprozess, also die drei Pole des TZI-Dreiecks, behindert. Dies ist mit dem Begriff "Interdependenz" gemeint: man sieht hier deutlich, wie diese drei Pole immer ganz eng zusammenhängen. Wenn eine einzelne Person ein Problem hat, dann hat die Gruppe ein Problem, und die Arbeit am Thema wird erschwert oder ganz verhindert.

 

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I.4  TZI-Hilfsregeln

Die TZI-Hilfsregeln sind Kommunikationshilfen und Interventionstechniken, die den Umgang mit den Axiomen und Postulaten unterstützen bzw. sie praktisch handhabbar machen sollen. Sie verdeutlichen ebenfalls den ganzheitlichen Charakter des TZI-Modells und fußen auf dem Menschenbild der humanistischen Psychologie. Sie sind keine dogmatischen Verhaltensregeln, sondern sollen hilfreiche Möglichkeiten anbieten, um in Gruppensituationen bewusst zu handeln.

 

"Sei zurückhaltend mit Verallgemeinerungen"

Begründung: Verallgemeinernde Aussagen haben potenziell die Eigenschaft, den Gruppenprozess zu unterbrechen und auf eine kognitive Metaebene zu führen, die nichts mehr mit den Teilnehmern selbst zu tun hat.

 

"Wenn du eine Frage stellst, sage, warum du fragst und was deine Frage für dich bedeutet. Sprich für dich selbst und vermeide das Interview."

Begründung: Fragen können so nicht mehr als inquisitorische Machtkämpfe verstanden werden. Eigene Aussagen, Gedanken und Interaktionen inspirieren den persönlichen und sachlichen Austausch.

 

"Sei authentisch und selektiv in deinen Kommunikationen. Mache dir bewusst, was du denkst, fühlst und glaubst, und überdenke vorher, was du sagst und tust."

Begründung: Wenn ich alles ungefiltert sage, beachte ich nicht die Vertrauensbereitschaft und Verständnisfähigkeit der Menschen. Wenn ich lüge oder manipuliere, verhindere ich Annäherung und Kooperation. Wenn ich selektiv und authentisch bin, begünstige ich Vertrauen und Verständnis. Wenn erst einmal Vertrauen geschaffen ist, wird die Filterung zunehmend überflüssig.

 

"Halte dich mit Interpretationen von anderen so lange wie möglich zurück. Sprich statt dessen deine persönlichen Reaktionen aus."

Begründung: Nicht-interpretative, direkte persönliche Reaktionen auf das Verhalten anderer führen zu spontaner Interaktion. Wenn sie taktvoll ausgesprochen werden, fördern sie ein authentisches Miteinander.

 

"Beachte Signale aus deiner Körpersphäre, und beachte diese auch bei anderen Teilnehmern"

Begründung: Die Körpersprache sagt viel über bewusste und unbewusste Gefühle aus. Das Non-verbale ist oft eindrucksvoller als das gesprochene Wort.

 

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II: Entwicklungsphasen von TZI – Gruppen
Diagnose und Leitungsinterventionen


II.1  Zur Rolle und Funktion der Leitung

Nach den Grundlagen der TZI ist es jetzt wahrscheinlich leicht nachvollziehbar, dass sich das humanistische Menschenbild des TZI-Konzepts nicht mit einer herkömmlichen Vorstellung von Gruppenleiterautorität verbinden lässt. Es soll, wie bereits erwähnt, die traditionelle Hierarchie des Frontalunterrichtens durch ein lebendiges Miteinander-Lernen ersetzt werden. Im TZI-Konzept spricht man daher von einer teilnehmenden Leitung.

Die Förderung der Selbststeuerungskräfte der Gruppe, also der Eigenverantwortlichkeit der Gruppenmitglieder und das Schaffen eines offenen Interaktions- und Kommunikationsklimas auf der Grundlage der Axiome und Postulate sind die Hauptfunktion der Leitung. Die Gruppenleitung arbeitet also als aktive Lernhilfe. Zentrales Merkmal der TZI-Arbeit ist, dass die Sachebene und die Beziehungsebene gleichwertig berücksichtigt sein sollen. Das heißt, die Leitung kann nicht einfach mit dem Thema anfangen, sondern sie muss die Menschen, bzw. die Gruppe da abholen, wo sie steht. Die Leitung bringt Themen, Lernstrukturen und Interventionen so in den Gruppenprozess ein, dass die Gruppe bei ihrer Aufgabe gefördert wird und gleichzeitig bei ihrer Entwicklung zu einer produktiven, arbeitsfähigen Gruppe unterstützt wird.

Zur Erinnerung: Die Anerkennung und Förderung der Gleichgewichtigkeit der Ich-Wir-Es-Faktoren im Globe ist die Basis der TZI-Gruppenarbeit. Es ist somit die Hauptaufgabe der Leitung, auf die Balance dieser Pole zu achten und Maßnahmen zu ihrer Verwirklichung, bzw. Wiederherstellung zu ergreifen. Die Leitung soll dafür Sorge tragen, dass jede Krise und jedes Wachstum in einem Gruppenprozess als Chance genutzt werden kann, also zu einer Möglichkeit zur konstruktiven Weiterentwicklung wird.

 

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II.2  Entwicklungsphasen einer Gruppe

In dem Text, der als Hauptgrundlage zu diesem Teil des Referats herangezogen wurde (Rubner, Angelika & Rubner, Eike, 1992), werden die Prozesse, die zwischen Leitung und den Gruppenmitgliedern ablaufen, auch auf tiefenpsychologischer Ebene beschrieben. Leitung wird von jedem Menschen bereits in der Kindheit erfahren. Jeder Mensch macht bereits als Säugling und Kleinkind die ersten Erfahrungen mit Abhängigkeit und Autorität. Es finden daher auch in jedem Gruppenprozess erwachsener Menschen unbewusste Projektionen statt, in der die Gruppenmitglieder erlebte Interaktions- und Rollenmuster aus der eigenen Familie auf die Leitfiguren und die anderen Mitglieder der Gruppen projizieren.

Rubner und Rubner stellen nun folgende Analogien auf: Ähnlich wie jedes Kind in seiner Kindheit verschiedene Entwicklungsphasen nacheinander durchläuft, so durchläuft auch jede Gruppe in jeder Phase ihres Bestehens bestimmt Stufen der Entwicklung. Das Verhalten von einzelnen Mitgliedern einer Gruppe kann oft nur auf dem Hintergrund der Gruppendynamik verstanden werden, und deshalb ist es für die Leitung einer Gruppe sinnvoll, verschiedene Entwicklungsphasen einer Gruppe im voraus zu kennen, um sie erkennen zu können. Dasselbe Verhalten einer Leitperson kann in den unterschiedlichen Gruppenphasen ganz unterschiedliche Wirkung haben. Wenn die Leitung in der Lage ist, bestimmte Gruppenphasen zu erkennen, kann sie über gezielte Interventionen der Gruppe helfen, die Entwicklung zu erleichtern und Hürden und Krisen zu überwinden.

Angelika und Eike Rubner unterscheiden in ihrer Darstellung fünf Entwicklungsphasen einer Gruppe. Diese Phasen können in jedem Gruppenprozess voneinander unterschieden werden. Die Unterscheidung der fünf Phasen erscheint vielleicht als eine etwas künstlich wirkende Einteilung, da die wirkliche Entwicklung einer Gruppe natürlich ein kontinuierlicher und dynamischer Prozess ist, so dass die Phasen nicht immer so klar abgegrenzt hervortreten müssen. Trotzdem weist jeder Gruppenprozess unterscheidbare Phasen mit typischen Konfliktmustern und einem spezifischen Verhalten der Gruppenteilnehmer gegenüber der Gruppenleitung auf. Wenn die Leitung diese Grundkonflikte und Verhaltensmuster kennt und erkennen kann, ist sie in der Lage entsprechend zu handeln, um dem Gruppenprozess weiterzuhelfen.

Folgende Phasen sind bei Rubner und Rubner unterschieden:

    1. Orientierung und Abhängigkeit

    2. Kampf und Flucht

    3. Autonomie und Interdependenz

    4. Vertrauen und Intimität

    5. Ablösung und Trennung

 

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II.2.1  Phase 1 - Orientierung und Abhängigkeit

Ankommen, Kontakt aufnehmen

Eine wirkliche Gruppe entsteht nur, wenn die einzelnen Mitglieder sich in gewissem Umfang gegenseitig benötigen und benötigen wollen, um ihre Ziele zu erreichen. Eine Gruppe ohne gemeinsames Thema wird keine Gruppe werden, jede Gruppe muss erst ein WIR-Gefühl entwickeln. Erst aus einem WIR-Gefühl wird es einem Teilnehmer möglich, die anderen Teilnehmer nicht nur zu hören, sondern auch auf sie einzugehen, also Sach- undBeziehungsebene zu berücksichtigen. Erst dann kann Lernen lebendig werden.

Am Anfang aber, in der ersten Phase des Ankommens, der ersten Kontaktaufnahme, gibt es kein WIR-Gefühl, sondern es dominieren Ängste vor dem Unbekannten, vor dem Nicht-Angenommen- und Entwertetwerden. Ängste, vor dem Verlieren der Individualität und dem Aufgesogenwerden durch die Gruppe.

Diesen Ängsten stehen vielleicht Vorfreude und Neugier gegenüber, Interesse an den Anderen, Sehnsüchte nach Beachtet- und Anerkanntwerden.

Abhängigkeits- und Geborgenheitsphantasien oder Unsicherheit und Misstrauen beherrschen so die Gruppendynamik. Es besteht also sowohl ein Bedürfnis, sich zu öffnen und sich anzunähern, als auch ein Bedürfnis sich zu verschließen und zu distanzieren.

Diese Bedürfnisse äußern sich in einem "abtastenden" Verhalten. Es besteht Unsicherheit und der Wunsch nach Orientierung. In Bezug auf die anderen Gruppenteilnehmer stehen z.B. folgende Fragen bei den Mitgliedern im Vordergrund:

  • Wer sind die anderen, was wollen sie?
  • Was gilt hier?
  • Wer darf hier was?
  • Was darf ich?
  • Was wird hier möglich sein, wessen Ziele gelten?
  • Werde ich auf meine Kosten kommen?

In dieser unsicheren Anfangssituation richten die Gruppenmitglieder meist alle Hoffnungen und so auch ihre Aufmerksamkeit auf die Leitung:

  • Was ist das für eine Person?
  • Wie kompetent ist er oder sie?
  • Werde ich bekommen was ich brauche?
  • Was habe ich zu tun, damit ich angenommen werde?
  • Wird er gerecht sein?

Die Leitperson ist auch Teil der Gesamtgruppe, in ihrem Bewusstsein werden also in dieser ersten Phase ganz ähnliche Ängste und Wünsche auftauchen. Diese Ängste dürfen jedoch in der Anfangsphase auf keinen Fall geäußert werden, da ansonsten die Rolle als Hoffnungsträger und "Retter" kaputtgemacht würde. Die Leitung wird in dieser Phase idealisiert.

Wie soll sich die Leitung hier also verhalten, um mit den auf sie projizierten Hoffnungen und Wünschen umzugehen?

Sie sollte weder zuviel Distanz halten, noch zuviel Nähe fordern. Sie sollte klar, sicher und direkt auftreten und ermutigen. Praktisch heißt dies, dass die Leitung sich und ihre Vorstellungen kurz einführt und mit der Gruppe den organisatorischen Ablauf der Gruppenarbeit bespricht. Außerdem ermöglicht sie es, dass sich alle ebenso kurz und mit ihren Wünschen und Ideen vorstellen können.

Die Leitung sollte den sachlichen Themen- und Informationsaustausch und das persönliche Kennenlernen über Fakten ermöglichen. Die von der Leitung gesetzten Strukturen müssen in dieser ersten Phase leicht überschaubar sein und angstreduzierend wirken. Die Teilnehmendem sollten in dieser Phase auch bereits einen persönlichen Bezug zum Oberthema finden und aussprechen können.

 

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II.2.2  Phase 2 - Kampf und Flucht

Herstellung von Eigenständigkeit und Individualität

Die erste Phase ist geprägt von starker Abhängigkeit von der Gruppenleitung. Im Sinne des TZI-Modells der teilnehmenden Leitung muss die Leitperson nun dafür sorgen, dass die Gruppenmitglieder einen Entwicklungsschritt vollziehen, der auf eine Lösung dieser Abhängigkeit – auf Trennung und Individuation zielt.

Denn Grundlage des TZI-Prozesses soll die selbstverantwortliche Eigenständigkeit aller Teilnehmer sein. Postulat ist ja: sei sei deine eigene Leitperson / dein eigener Chairman! Nur dann kann das miteinander Lernen und arbeiten lebendig und kreativ werden.

In der zweiten Phase muss die Gruppenleitung daher darauf achten, dass sie die traditionellen Vorstellungen von der Leiterautorität nicht erfüllt. Die Teilnehmenden sollen den Mut finden, ihre eigenen Potenzen zu entdecken und sich aus der Abhängigkeit von der äußeren Leitperson lösen.

Die Leitung gibt jetzt Hilfen, damit ein Problem besprochen und bearbeitet werden kann. Sie übernimmt jedoch nicht die Entscheidung über richtig oder falsch und löst Probleme nicht stellvertretend für die Gruppe oder den Einzelnen. Dies zwingt die Teilnehmenden, sich mit sich selbst, mit den anderen und mit dem Problem auseinanderzusetzen.

Diese Phase ist besonders am Anfang sehr mühsam und unbequem, denn sie nagt an dem Selbstverständnis der Teilnehmer und an gewohnten Verhaltensmustern. Letztlich ist dies jedoch der einzige Weg zu der teilnehmerorientierten und interaktionellen Zusammenarbeit, die die TZI anstrebt.

In dieser Phase gibt es Konflikte zwischen den Polen Abhängigkeit und Autonomie. Die erste Kritik wird laut. Die Teilnehmer machen der Leitung an diesem Punkt eventuell innerlich den Vorwurf, dass sie nichts lernen, oder dass die Leitung unfähig ist. Sie fühlen sich verunsichert und allein gelassen, da sie immer noch erwarten, dass die Leitung ihnen sagt, wo es lang geht. Doch das wird die Leitung an diesem Punkt nicht tun, denn sie ist teilnehmende Leitung. Die Schaffung eines Arbeitszieles soll aus dem gemeinsamen Prozess der Gruppe entstehen.

Das verunsichert zunächst, fördert aber auch den Drang zur Selbstbehauptung, zur Rollen- und Statusverteilung innerhalb der Gruppe. Der einzelne kann sich gegenüber der Leitung und den anderen Teilnehmenden abgrenzen. Wenn die Leitung nun einmal interveniert, um die Balance herzustellen, dann wird sie schnell als Konkurrenz und Rivalität wahrgenommen.

Aufgabe der Leitung ist es nun, die Selbststeuerungskräfte der Gruppe zu aktivieren. Diese Phase ist die schwierigste im TZI-Prozess. Ziel dieser Phase ist die Ablösung von der Leitung, das heißt, die Erreichung von Eigenständigkeit und Individualität. Nicht nur die Teilnehmer, auch die Leitung wird in dieser Phase mit Emotionen, Ängsten, Aggressionen und Profilierungsbedürfnissen konfrontiert.

Ungünstiges Leitverhalten in dieser Phase wäre zum einen, wenn die Leitung ihre Angst, Unsicherheit und Zerbrechlichkeit offen zeigt, wenn sie geliebt werden will und deshalb jede Kritik, Aggression und Auseinandersetzung vermeidet. Dies bewirkt in dieser Phase eine Hemmung der Teilnehmer. Sie finden einen Angriff auf diesen "lieben Leiter" unangebracht und reagieren wegen ihren eigenen Aggressionen mit Schuldgefühlen und Rückzug.

Die entgegengesetzte Form des ungünstigen Leitverhaltens in dieser Phase wäre, wenn die Leitung in ihren Interventionen und Äußerungen eine überlegene Haltung, eine Führerrolle einnähme. Damit würde die Abhängigkeit und zugleich die Minderwertigkeitsgefühle der Teilnehmer verstärkt. Jede kritische Äußerung gegenüber der Leitung würde den Teilnehmenden als eigenes Unvermögen erscheinen und deshalb vermieden werden. Einen so "kompetent" erscheinenden Leiter anzugreifen würde als gefährlich oder respektlos und damit vergeblich erscheinen.

Es ist in der zweiten Phase also wichtig, sich mit Aggression und Rivalität mit Feindseligkeit und Konkurrenz auseinanderzusetzen. Die Leitung sollte Themen und Strukturen setzen, die Auseinandersetzungen ermöglichen. Die Leitung muss hier Angriffe erwarten, sich auf Angriff und Angreifer einlassen, aber dann fair parieren ohne die angreifende Person "zu zerstören", noch sich selbst zerstören zu lassen.

Ursache und Wirkungen der Angriffe müssen von beiden Seiten verstanden und durchgearbeitet werden. Die Leitung muss der Gruppe demonstrieren, dass Angriffe und Aggressionen nicht zum Tode führen, sondern dass sie konstruktive Entwicklungsmöglichkeiten in sich tragen. Eine Krise ist immer sowohl als eine Gefahr, sowie auch als Chance für den Prozess zu verstehen.

 

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II.2.3  Die dritte Phase - Autonomie und Interdependenz

Aufkeimen des WIR-Gefühls

Die Gruppe beginnt nun, sich zu organisieren. Es wird Differenzierung zugelassen und man beginnt, sich als Gruppe zu verstehen.

Das Ergebnis der durchlebten zweiten Phase der Auseinandersetzung und Rollenfindung ist der Aufbau der sozialen Organisation der Gruppe. So eine Gruppe ist zur sachbezogenen Arbeit fähig geworden, die Beziehungsarbeit tritt erst einmal in den Hintergrund. Erst jetzt entsteht wirkliches WIR-Gefühl.

In der dritten Phase sind die Selbststeuerungskräfte der Gruppe erfolgreich aktiviert. Die Teilnehmer sehen und erleben sich nicht mehr als "nur gut" oder "nur böse" sondern realistisch und differenziert als "gut und böse". Ein Konflikt besteht in dieser Phase nur noch zwischen dem Wunsch nach einer harmonischen und sachorientierten Atmosphäre und der Angst vor dem Wiederauftauchen der Machtkämpfe der zweiten Phase.

Die Leitung wird nun in ihrer fachlichen und persönlichen Kompetenz anerkannt, und sollte darauf achten, dass sie teilnehmende Leitung bleibt.

Die Aufgaben der Leitung nehmen in dieser Phase sowohl quantitativ als auch qualitativ ab. Die Gruppe kann jetzt die Führungsaufgaben weitestgehend selbst übernehmen und die Leitung sollte nun möglichst viele Aufgaben delegieren, sich selbst zurücknehmen und als Gruppenmitglied wirken, so dass gemeinsames Gruppenwerken möglich ist.

Die Leitung muss allerdings immer darauf achten, dass die dynamische Balance erhalten bleibt, so dass sowohl die Gruppenidentität, als auch die individuelle Identität der Mitglieder erhalten bleibt und zur Geltung kommt.

 

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II.2.4  Phase 4 - Vertrauen und Intimität

Arbeitslust und Produktivität

Diese Phase ist durch das Bestehen eines starken WIR-Gefühls und durch starkes persönliches Interesse aneinander gekennzeichnet. Es ist ein Bewusstsein entstanden, dass man voneinander lernen kann und so gemeinsam leichter und besser Ziele erreicht. Unterschiedlichkeit wird nun als nutzbringend anerkannt, da sie Vielfalt bedeutet, die für eine kreative Arbeit benötigt wird. Es entstehen Toleranz, Vertrautheit und Intimität. Themen werden auch persönlich und emotional behandelt.

Eventuell tritt in dieser Phase ein Konflikt zwischen dem Bedürfnis nach Paar- bzw. Kleingruppenbildung auf der einen Seite und dem gleichzeitigen Bedürfnis, ein Teil des Gruppenganzen zu bleiben, auf.

Die Leitung sollte sich weiterhin zurücknehmen und Aufgaben auf Einzelne, Kleingruppen oder die ganze Gruppe übertragen. Von der Leitung eingebrachte Themen und Strukturen sollten in dieser Phase Feedback und den intensiven persönlichen und emotionalen Austausch in Klein- und Paargruppen begünstigen. Dabei muss dafür gesorgt sein, dass Untergruppen, die sich spontan bilden, nicht die Tendenz aufweisen, sich von der Gesamtgruppe zu isolieren. Es darf keine Flucht aus dem Gruppenprozess stattfinden, sondern der Gesamtprozess soll lediglich differenzierter werden.

Die Leitung muss sich in dieser Phase ihrer Verantwortung für den Gruppenprozess stark bewusst sein. Sie muss genau wissen, was sie tut, und was die Konsequenzen ihres Handelns und ihres Unterlassens sind. Hinter der Harmonie der Gruppe lauert immer die Krise. Jederzeit kann eine Störung auf der Sach- oder der Beziehungsebene auftreten, die den Gruppenprozess aus dem Gleichgewicht bringt. Auch wenn sich die Leitung in dieser Phase mit ihren Interventionen zurückhält und mehr teilnimmt, muss sie ständig wachsam sein und die Balance im Auge behalten.

 

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II.2.5  Phase 5 - Ablösung und Trennung

Abschluss und Abschied

Dies ist die Endphase einer Gruppe. Die Arbeit der Gruppe ist entweder zum selbstgesteckten Hauptziel gekommen, oder aber die zur Verfügung stehende Zeit ist vorbei. Die Orientierung der Teilnehmenden richtet sich zunehmend nach draußen, vom Gruppenprozess zum "Rest der Welt".

Die fünfte Phase wird bestimmt durch

  • das Abschließen der inhaltlichen Arbeit, oder auch durch Entscheidung, wo und wie weitergearbeitet werden soll
  • den Transfer der Ergebnisse und die Vorbereitung der "Rückkehr in die Welt draußen"
  • den Abschied voneinander

In dieser Phase wird das gemeinsam Erlebte und gemeinsam Erreichte noch einmal reflektiert. Dadurch kann einerseits ein besonderes Gefühl von Zusammengehörigkeit entstehen, es kann aber auch – da die Trennung droht – das was entbehrt und nicht bekommen wurde hervorbrechen.

Trennung, Abschied und Neubeginn sind unverzichtbare Themen, wenn es ein wirklich intensiver Gruppenprozess war. Die Leitung hat dabei auch darauf zu achten, dass der Rückblick realitätsgerecht wird, dass bestimmte Phasen des Gruppenprozesses weder unter den Tisch fallen, noch zu sehr idealisiert werden. Dennoch muß jetzt jedes Gruppenmitglied wieder auf seinen eigenen Weg gehen.

Die primäre Aufgabe der Leitung besteht in der Schlussphase darin, den Einzelnen und der Gruppe als Ganzes die Möglichkeit zu geben,

  • auf den Gruppenprozess zurückzuschauen (Erinnerung),
  • Reste und Unerledigtes auszusprechen,
  • ihre Erfahrungen auszuwerten (Reflexion, Feedback, Kritik und Bestätigung),
  • und sie auf künftige Situationen zu übertragen (Transfer).

Zudem sollte sich die Leitung zum Schluss selbst auch der Kritik stellen.

 

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III.  Literaturverzeichnis

Farau / Cohn: Gelebte Geschichte der Psychotherapie, Stuttgart 1984

Langmaak, Barbara & Braune-Krickau, Michael: Wie die Gruppe laufen lernt. Anregungen zum Planen und Leiten von Gruppen. 7., vollst. überarb. Aufl., Beltz, Weinheim/Basel 2000

Rubner, Angelika & Rubner, Eike: Die Entwicklungsphasen einer Gruppe - Grundkonflikte, Einstellungen dem Leiter gegenüber und Leiterinterventionen, In: Löhmer Cornelia & Standhardt, Rüdiger (Hg.): TZI. Pädagogisch-therapeutische Gruppenarbeit nach Ruth C. Cohn, Klett-Cotta, Stuttgart 1992

 

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