Fernsehen ist heilbar!

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Fernsehen bietet Unterhaltung und Information. Fernsehen bringt die Welt ins Wohnzimmer.
Durchschnittlich sitzt ein Mensch in Deutschland täglich zwischen 3 und 4 Stunden vor dem Fernseher. Pro Woche macht das ca. 21 Stunden, pro Monat 84 Stunden und pro Jahr 1095
Stunden. Von einem Jahr verbringen Menschen in Deutschland also rein statistisch 45 Tage vor der Flimmerkiste. Zu diesen Personen zählen auch Kinder unter 14 Jahre.

Doch hilft Fernsehen weiter? Anders gefragt: wo liegt der "Krankheitsgewinn"? Welchen Nutzen bringt diese Art des Sehens? Gibt es die Möglichkeit, durch Fernsehen Träume zu verwirklichen?
Oder ließe sich die Zeit nicht anders nutzen?

Für die meiste Zeit, die ein Mensch so vor dem Gerät sitzt, lässt sich das Fernsehen als eine höchst passive Verhaltensform typisieren. Sitzen. Zuschauen. Zuhören. Abschalten. Konsumieren. Andere denken lassen.
Fernsehen wirkt dann als Gedankenmanipulation höchsten Grades. Obwohl es die Menschen ja eigentlich als einen relativ freiwilligen Vorgang wahrnehmen.

Doch das Fernsehen führt zum zeitweiligen Vergessen der eigenen Identität und auch der individuellen Realität. Während die zuschauende Person sich in einem Film "reindenkt" und die Geschehnisse mit durchlebt, füllt die gebotene Atmosphäre die Gedankenwelt fast völlig aus. Das eigentliche, individualisierte Gedankenleben tritt weitgehend in den Hintergrund. Ganz ähnliche Funktionen erfüllen auch stoffliche Drogen wie Alkohol....

tvsehen

Fernsehen kann noch mehr. Wenn Millionen Menschen einen Spielfilm erleben, denken Millionen Menschen die gleichen Gedanken. Dies lässt sich als elektronische Gleichschaltung bezeichnen. Big Brother lässt watching you. Das ist die Matrix.

Und die Menschen geben sich ihr selbst hin, überlassen sich völlig freiwillig den dargebotenen Gedankenschwingungen. Und wenn wir nun zu dieser Betrachtung einmal die gängigen Themen und Inhalte des Fernsehprogramms hinzuziehen, sollte es einleuchten, warum sich gewalttätige und andere unsoziale oder unwürdige Verhaltensformen auch durch die Mithilfe der Medien noch immer weiter reproduzieren können.

Die Menschen haben einen relativ freien Willen, sie haben die Möglichkeit der bewussten Wahl, in jedem Augenblick. Sie können entscheiden, in welche Richtung sie leben und sie können sogar wählen in welche Richtung sie denken und fühlen. Fernsehkonsum führt zumeist zum Wählen von Passivität, zur Abgabe von Selbstverantwortung.

Das erscheint zunächst einmal ganz angenehm, man kann scheinbar prima "Abschalten", sich entspannen und Spaß haben, ohne viel dafür tun zu müssen.

Aber wo bleibt die gewünschte Freiheit, die sich alle Menschen wünschen? Fernsehen macht frei von Sorgen. Suchen wir das?
Fernsehen macht frei von Realität. Fernsehen lässt vergessen, es erschafft eine Weile Blindheit und Taubheit für alles andere, ja sogar für sich selbst....  Das können Träume zwar auch, jedoch erscheinen Träume als ein Ausdruck des inneren Wesens, wohingegen Fernsehen eine Manipulation der Gedankenwelt von "fremder" Seite her darstellt. Träume lassen sich so als eine andere Ebene der individuellen Wirklichkeit sehen. Fernsehen dagegen kann enorme Gedankenverschmutzung mit sich bringen.

"Das Fernsehen stellt eine besonders schädliche Form                      
symbolischer Gewalt dar."
               
Pierre Bourdieu

Natürlich verbreiten Fernsehsender auch sinnvolle Informationen und positive Botschaften. Unbestritten, es gibt auch eine Zahl wertvoller Sendungen im Fernsehen. Wenn man selektiv schaut, lässt sich einiges finden. Doch schon die sogenannten Informationssendungen und -sender "informieren" ziemlich selektiv und zumeist auch plakativ. So wird nur ein Bruchteil von den eigentlichen Dingen berichtet.

Das Fernsehen summiert sich im Endeffekt eben doch nur zu reiner Illusion. Fernsehen bietet konstruierte Welten, die mit dem "echten" Erleben (welches für sich schon illusionär genug erscheint....) kaum noch etwas zu tun haben, außer dass die gebotenen Symbole eine Gefühlsreaktion beim Zuschauer auslösen. Die virtuelle Welt eines Spielfilms verknüpft reale Phänomene auf eine Weise miteinander, die im "echten" Leben keine Person leben oder erfahren kann, so dass sich beim Zuschauen Assoziationen bilden, die nicht mehr die Bezeichnung "real" verdienen, selbst wenn sie beim Anschauen diese Empfindung auszulösen scheinen.

Dies führt zu einer Umstrukturierung der Verknüpfungen im Denken der Menschen. Die Verbindung von Begriffen und Symbolen miteinander und mit deren Bedeutung erfolgt mitunter ganz anders, als es im Leben geschehen könnte. So erfährt die Assoziationswelt Veränderungen, welche die Bezeichnung "nicht mehr gesund" verdienen. Es gibt zum Beispiel eine Untersuchung, die von Kindern in den USA berichtet, welche die Überzeugung vertraten, dass Menschen eigentlich nur durch Morde oder Autocrashs oder ähnliche Actionszenen sterben. Der natürliche Tod kam in deren Fernsehgedankenwelt nicht mehr vor. Weil ihn eben auch das Fernsehen so gut wie nie thematisiert, ja sogar tabuisiert.

Es ließe sich argumentieren, dass das Anschauen von Gewaltszenen noch lange kein gewalttätiges Verhalten auslöst. Dies hätte wohl auch schon längst zu einem Verbot geführt. Es kommt auch immer auf die aktuelle Disposition des Zuschauenden an, wie eine Szene wirkt.
Es reicht doch aber aus, dass es überhaupt noch Gewaltszenen gibt, dass diese Verhaltensmuster sich im Fernsehen so präsentieren, als ob Gewalt von Menschen gegen Menschen eine natürliche, eine typisch menschliche Notwendigkeit darstellt. Solche Szenen lassen sich nicht täglich einmal, sondern Dutzendmale im Fernsehen beobachten. Es reicht aus, dass sich Gewalt auf diesem Wege in die Köpfe von so vielen Menschen projiziert.

Als hätten Menschen nicht die Möglichkeit, auch andere Verhaltensweisen zu erlernen und zu wählen.

zitat

Jeder Augenblick, jeder und jedes Moment prägt das Denken und Fühlen eines Menschen. Das individuelle Erleben kristallisiert im Organismus eines Menschen, entwickelt sich zur Gewohnheit, zum Habitus.
Und solange die Medien aggressive Verhaltensmuster verbreiten und Menschen sie konsumieren, können sie sich auch auf diesem Wege reproduzieren. Dies gilt natürlich auch für alle anderen Arten von Verhalten, welche die Medien so vorleben, z.B. in Sachen Sex oder Kommunikation.

Worauf wir unserer Aufmerksamkeit richten, ob wir es bewusst wahrnehmen oder eher unbewusst, es wird uns in jedem Fall prägen.

Auch der Glaube, dass ein halbwegs intelligenter Mensch sich gedanklich von den Vorgängen in einem Film distanzieren könne, und so nicht unter dem Einfluss der irrealen Phänomene stünde, erscheint höchst zweifelhaft. Ab und zu zu denken "ich sehe nur einen Film mit Schauspielern und Effekten und Tricks, das weiß ich doch", reicht nicht aus. Denn sobald der Wunsch besteht, den Film zu erleben, beeinflusst dies die Affekte und Emotionen, und so auch die Gedanken. Die meiste Zeit vergeht dann unbewusst der Tatsache, dass sich nur ein Film abspielt. Es gibt kaum Gedanken daran, da es sonst keine Möglichkeit gäbe, den Film zu genießen.

Außerdem: die Prozesse des Unbewussten eines Menschen reagieren auf die Bilder, Symbole und Emotionen, auf die wahrgenommenen Muster, so wie sie erscheinen, auch dann, wenn der Versuch einer rationalen Distanzierung erfolgt. Der Wahrnehmungsapparat unterscheidet wohl kaum großartig zwischen realen und künstlichen Reizmustern, egal was Mensch sich noch dazu denkt. Ansonsten könnte ein Film gar keinen emotionalen Effekt haben und das Fernsehen erschiene einfach nur langweilig. Das Unbewusste verarbeitet die vom Fernsehen dargebotenen Muster und Schwingungen ziemlich direkt, ohne zu rationalisieren. Der Mensch selbst nimmt dies gar nicht bewusst wahr.

Phantasie und Realität wirken auf einer bestimmten Tiefenebene gleichwertig, nicht mehr voneinander zu trennen. Phantasie und Realität - beide stellen Wirklichkeiten dar, denn sie wirken.


Fernsehen verändert also die Wahrnehmungsgewohnheiten der Menschen.
 "Mich hat das Fernsehen noch nicht verändert", sagt jetzt einer.

Die Veränderungen lassen sich ja auch nicht unbedingt so direkt wahrnehmen. Doch wer schon einmal euphorisiert aus dem Kino kam, weiß um die mögliche Wirkung von Gedankenenergie. Wer diesbezüglich ein Experiment durchführen möchte, schaue sich den Film "Fight Club" einmal richtig an.... Aber Vorsicht: dieser Film dient nicht der Unterhaltung, auch wenn es manchem so erscheinen mag.
Kein Spielfilm. Es ist kein Spiel. "Dies ist ein spiritueller Kampf." Wer sein Gemüt unbedingt sauber halten möchte, sollte dieses Experiment nicht durchführen. In diesem Falle sollten Kino und Fernsehen eher gemieden werden.

Nicht auf der gröbsten materiellen Ebene, sondern auf der feineren Ebene der Gedanken findet das eigentliche menschliche Leben statt.
(Auch wenn der Körper alt wird, das Denken der Menschen kann ewig jung bleiben.)

Auch das Anschauen einer Fernsehsendung "mal so nebenbei" bewirkt Veränderungen und prägt. Nur entwickeln sich diese Veränderungen unbemerkt schleichend im Untergrund, und fallen zudem nicht so schnell auf, weil so viele Menschen fernsehen. Gleichschaltung eben. Wenn alle kollektiv verrückt spielen, bleiben alle "normal"....

Besonders eindrücklich kann man das zum Beispiel an der Soap-Opera-Infektion, oder am Talkshow-Syndrom beobachten. Dies sind Krankheiten die sich bei großen Menschenmassen in Symptomen wie regelmäßigem völligen Realitätsverlust und Massenwahn äußern. Wo Menschen zum Beispiel `Deutschland sucht den Superstar´ konsumierten und akzeptierten, scheint für sie alles normal, aber mit ein wenig Distanz von außen betrachtet.... Höchst befremdlich. Viele Infizierte sprechen über die Sendungen genau wie über ihr eigenes Leben, es ersetzt oder ergänzt ihr Leben oder zumindest Teile davon. Sie glauben an das was sie dort geschaut haben.
Aber sie sehen nicht mehr....

HEILMETHODEN:

Öfter den Fernseher abschalten oder - für Fortgeschrittene - gleich ausrangieren, öfter aus dem Haus raus, in den Wald (ans Meer / in die Berge) gehen. Wenn dieser kalte Entzug nicht klappt, wenn zu starke Entzugserscheinungen auftreten und die echte Wirklichkeit noch zu starke Wirkung hat, dann zumindest immer eingeschränkter und kontrollierter fernsehen und so langsam umsteigen.

Auf jeden Fall den selbstverständlichen oder sogar unbewußten Fernsehkonsum vermeiden!

Als ergänzende Maßnahme empfiehlt es sich, den Computer an dem Sie jetzt gerade sitzen auch mal abzuschalten. (Obwohl - im Vergleich zum Fernsehen schneidet das Internet als Medium schon um einiges besser ab, denn dort gibt es viel mehr direkte Wahlmöglichkeiten, welche Gedanken man konsumiert. Beim Fernsehen beschränkt sich die Wahl auf vielleicht 30 fertige Programme, und bei denen lässt sich immer bei ca. einem Drittel ein gleiches Programm antreffen (Werbung, Werbung, Talkshows, Serien Werbung, Gameshows, Soaps, Werbung....))

Haltet Eure Gedanken rein!


Felix Tietje - 2001

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Der obige Text stellt, neben seinem Inhalt, auch eine Erprobung der Sprachinnovation "E-Prime" in deutscher Sprache dar. Im Deutschen etwas schwieriger umzusetzen, da viel mehr grammatikalische Varianten des Verbs "sein" existieren.

Hintergründe zu E-Prime gibt es über die
Linkseite.

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http://www.feliz.de/html/fern.htm