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Der Prozess der menschlichen Ehe
Ein figurationssoziologischer Ratgeber

1. Partnerwahl
2. Über Liebeserklärungen
3. Liebe im Freien
4. Die Vermählung
5. Literaturangaben

1. Partnerwahl

Es ist nicht unwichtig, auf organische Strukturen hinzuweisen, die die natürliche Abstimmung eines Menschen auf das Zusammenleben mit anderen veranschaulichen. Ganz gewiss weisen die Geschlechtsmerkmale bereits in diese Richtung. Aber die Einzigartigkeit, die besondere Enge der menschlichen Vergesellung zeigt sich erst in vollem Umfang am Beispiel ihrer einzigartigen Form der Partnerwahl. [1]
Gattenwahl

Ein Griff in die Menge mit verdeckten Augen löst die Frage des Ehepartners auf ebenso reizvolle wie originelle Weise. Merke: Es kommt bei Herren nicht so sehr auf das Äußere an!   [2]

2. Über Liebeserklärungen

a) Die fundamentale Gesellschaftsbezogenheit der menschlichen Spezies äußert sich in einem individualisierten Beziehungs- und Kommunikationsverhalten, das sowohl figurations- als auch geschlechtsspezifisch erlernt wird.

Liebeserklärung

Herren, die eine Valenzbindung wünschen, mögen das individuelle Naturell der begehrten Dame beachten. Während in vielen Fällen kluge Unterordnung das Eis bricht (I), führt andererseits oft sicheres Auftreten zum Erfolg (II).

b) In der folgenden Studie lässt sich deutlich beobachten, dass das Liebeswerbeverhalten der beiden Beziehungspartner im Verlauf des Eheschließungsprozesses einen Wandel durchlaufen hat: von einem eher distanzierten Verhalten der relativ autonom existierenden Menschen, hin zum eng integrierten, engagierten Verhalten des Paares von heute. Damen wollen stets umworben sein.

Einst - Jetzt

Links im Bilde: Artigkeiten vergangener Tage in höfischen Gesellschaften, die durch ihre Einfallslosigkeit überraschen. Unmissverständliche Sympathie dagegen zeigt sich im Verhalten des Herrn rechts. Tatkraft gepaart mit Phantasie ist eines der vornehmsten Merkmale des Kavaliers der neuen Schule. (Beachten Sie den Ausdruck glücklichen Stolzes im Auge der Dame).

3. Liebe im Freien

Ein interessantes Phänomen der Selbsterfahrung moderner Menschen stellen die psychischen Hemmschwellen und das damit verbundene Scham- und Peinlichkeitsempfinden dar. Soziale Fremdzwänge prägen sich im Laufe des Erwachsenwerdens so in den Habitus der jungen Ehepartner ein, dass diese ihr erlerntes Verhalten und Gewissen selbstverständlich als ihre zweite Natur erleben, und so gelegentlich gewisse Schwierigkeiten zu überwinden haben, wenn es darum geht, die ehelichen Versprechen und Wünsche zu verwirklichen. Nur im Schoße der Natur entwickelt der moderne Mensch, der homo clausus, jene saubere erotische Gelöstheit, die als Voraussetzung für jede intime Beziehung angesehen werden muss.

Liebe im Freien A

Die Erregung öffentlichen Ärgernisses durch Zärtlichkeiten jenseits der mit gesellschaftlich gezüchteter Angst belegten Hemmschwellen (A) kann im Freien ohne Aufgabe enger körperlicher Beziehungen mühelos vermieden werden (B).

Liebe im Freien B

4. Die Vermählung

Die gesellschaftliche Gestaltung und Überformung der menschlichen Beziehungen (und damit auch des Eheschließungsprozesses) durch Fremdzwänge und habitualisierte Selbstzwänge hat das elementare Bedürfnis jedes Einzelnen nach unreflektierter Wärme und Spontaneität in der Beziehung zu anderen Menschen nicht ausgelöscht. Sie hat das Verlangen nach Sicherheit und Beständigkeit der Gefühlsbejahung der eigenen Person durch andere Menschen und sein Gegenstück, das Verlangen nach dem Zusammensein mit Menschen, die man gern hat, nicht zum Verschwinden gebracht. So verläuft der Prozess der Eheschließung bei den meisten Menschen trotz einiger Schwierigkeiten und den damit verknüpften Lernprozessen relativ problemlos.






Zu Abb. 3: Herr Huberti erklärte später, er sei damals sehr in Eile gewesen.

 

 

Vermählung 1
Vermählung 2
Vermählung 3

5. Literaturangaben

[1]  Elias, Norbert: Die Gesellschaft der Individuen,
              Suhrkamp tw 974, FfM 1994 [1987],  S. 259 und 273

[2]  Loriot: Das große Loriotbuch. Gesammelte Geschichten
           in Wort und Bild
,
              Diogenes Verlag Zürich 1989,  S. 90, 92, 96, 100 und 429

Schröter, Michael: “Wo zwei zusammenkommen in rechter Ehe...”:
              sozio- und psychogenetische Studien über
             Eheschließungsvorgänge vom 12. bis 15. Jhd.
,
             Suhrkamp, FfM 1990 [1985]

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